Bauwerk

Burg Reichenberg als Bauwerk

Burg Reichenberg in Otto Piper, Burgenkunde

1606   Wilhelm Dilich  beschreibt in seiner Hessischen Chronica Reichenberg als "ein wunderbar gebeu".

1742   Zedler: Universal Lexikon von 1742 (gestützt auf Winckelmann)

"Reichenberg ein Heßisches Schloß, auf einem Felsen in der niederen Grafschaft Catzenelnbogen ist auf Asiatische Art gar künstlich, und ohne Dach oben zugewölbt angefangen, aber nicht vollführet worden. In dem dreißigjährigen Kriege hat es seinen Rest bekommen."

1856   Rheinischer Antiquarius:  "Eine Stunde vom Rhein steht die merkwürdige Burg Reichenberg".

1840   Karl Simrock:  "Von St. Goarshausen führt ein Weg durch die Erlenschatten des engen Hasenbachtals nach Reichenberg. Die prächtige Burg verdient den Namen. 1818 mutwillig abgebrochen, ist Reichenberg noch als Ruine durch seine Bauart merkwürdig, die man asiatisch, ja maurisch genannt hat." In: 'Das malerische und romantische Rheinland'

Riehl, um 1860:  "Schon von fern freuten wir uns des Anblicks der großartigen Ruine, die an malerischem Reiz der Türme und Mauern die meisten Rheinburgen überragt."

In: 'Land Nassau' von Leo Sternberg. Verlag Brandstetter Leipzig 1927

Luthemer, Ferdinand 1914:  " ... eine der schönsten Burgruinen des Rheintals".

In: 'Die Bau- und Kunstdenkmäler der Kreise Unter-Westerwald, St. Goarshausen, Untertaunus und Wiesbaden Stadt und Land'. Mit Detailzeichnungen, Fotos und sehr genauen Beschreibungen des Baukörpers führt er uns die großartige Burganlage vor Augen.

Kunze, Rainer:  "Burg Reichenberg stellt in der ursprünglichen Planung einen Prunkbau dar, der erkennen lässt, dass hier alles aufgeboten wurde, eine repräsentative, keiner anderen Burg gleichenden Residenz, zu schaffen."

In: 'Burgenpolitik und Burgenbau der Grafen von Katzenelnbogen', Deutsche Burgenvereinigung 1969

Frein, Kurt:  "Burg Reichenberg im Hasenbachtal hinter St. Goarshausen ist eine der architekturgeschichtlich interessantesten Burgen des Rheinlandes, ja sogar des deutschen Burgenbaues insgesamt."

Aus: 'Burgen am Rhein'

Grundriss der Hauptburg mit Kennzeichnung der beiden Bauperioden (nach F.Luthmer)

Bis heute unbekannt ist der Name des Baumeisters. Rainer Kunze nennt ihn in seiner 1998 erschienenen Veröffentlichung: 'Spätblüte - Reichenberg und der mittelalterliche Burgenbau des 14. Jahrhunderts', den Reichenberg-Meister und spricht ihm geniale baumeisterliche Fähigkeiten zu. Leider kamen, so die Erkenntnisse von Kunze, seine großzügigen Planungen nur teilweise zur Ausführung. Die Gründe hierzu sind wohl in dem Tod des Bauherrn 1331 und in der Teilung der Erbschaft 1352 zwischen den Brüdern Wilhelm II und Eberhard V zu suchen.

Die Errichtung der heutigen Anlage geschah in zwei Phasen.

1. Phase 1319/20 - 1352

Errichtung der Hauptburg (Schildmauer und Türme)

2. Phase

Graf Wilhelm II führt nach der Erbteilung 1352 auf seinem Erbteil die Bauarbeiten weiter und errichtet den Ostteil mit Saalbau und den Wohntrakten. Die Ostseite sichert er durch die Kasematten und den Eckturm. Abschluss dieser Bauphase könnte die Altarweihe in der Kapelle im südlichsten Zipfel der Vorburg 1380 gewesen sein.

Eberhard V zeigt an Reichenberg kein großes Interesse und baut für sich Burg Schwalbach.

Heute ist die vier Meter starke und zwanzig Meter hohe Schildmauer (Mantelmauer), die sich in der Mitte auf acht Meter erweitert, der herausragende Baukörper. Sie sollte der ursprünglichen Planung zufolge die im Westen vorgesehenen Wohnanlagen gegen die Angriffseite (Osten) schützen. Der heutige Rosengarten wäre dann Innenhof der Burganlage geworden. Früher war sie flankiert von zwei vierzig Meter hohen Türmen (Einsturz des Südturms 1813, Einsturz des Nordturms 1971). Rätselhaft bleibt, warum Wilhelm II den Wohnbereich und Palas auf der ungeschützten Angriffsseite im Osten unmittelbar hinter der Zugbrücke zum Halsgraben hin errichten lässt.

Auf einem Felsausläufer, dem richenberch, zwischen dem Reitzenhainer Bach und dem Hasenbach (Bogeler Bach) mit Steilhängen nach Süden, Osten und Westen wurde die Burg errichtet. Von Osten her geht das Gelände, getrennt durch den tief in den Felsen geschlagenen Halsgraben mit ursprünglicher Zugbrücke in das Burggelände über.

Über das Aussehen und 'Innenleben' der Burg um 1600 wissen wir, dank der bis ins Kleinste aufklappbaren sechs Zeichnungen (Tafeln) Dilichs, sehr gut Bescheid.

Die nötigen Steine zum Bau konnten vor Ort von den Leyenbrechern abgebaut und herangeschafft werden. Sand und Lehm zur Bereitung des Mörtels sowie Bauholz gab es in unmittelbarer Nähe.

Die Flachdächer bildeten eine Besonderheit. Unter der Schüttung auf den Gewölben gibt es Lagen von Schieferplatten, ähnlich unserer heutigen Dacheindeckung, die das Wasser an die Außenseite leiten. Die Schüttung auf diesen Platten hemmte den Kugelaufschlag.

Die beiden ursprünglich 43 m hohen Türme an den Stirnseiten der Schildmauer bildeten eine eigene Verteidigungsanlage. Zunächst waren sie nur über eine Leiter, geschützt durch eine Schrägmauer, von der Schildmauer aus über eine Vertiefung zu erreichen. Die Treppen im Innern der Türme verliefen versetzt, so dass beim Weitersteigen immer zunächst ein Innenraum durchquert werden musste. Die Türme waren nur über die Oberfläche der Schildmauer zu erreichen.

Es kann nicht Aufgabe und Sinn einer Dorfchronik sein, alle Stellungnahmen, Vermutungen, Deutungen oder 'Spekulationen' über die Endplanung sowie kunsthistorische Betrachtungen in zahlreichen Veröffentlichungen zur Burg Reichenberg in baugeschichtlicher und kunsthistorischer Sicht anzuführen, die in Vergangenheit und Gegenwart gemacht wurden. Vielmehr sollen bekannte Darstellungen, beginnend mit Stichen von Dilich 1606 bis zu Fotografien auf den Betrachter wirken und eigene Eindrücke vermitteln.

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